Deutsches Jungmädel - Reportage

"Heute muss es immer Action, Action sein! In der Stille wächst doch die Fantasie!" Ilo G. ist 88 Jahre alt, Schauspielerin. Das Theater bedeutet ihr alles. Oldenburg, Kiel, München und Hannover waren für viele Jahre ihre Bühnenheimat. Mittlerweile hat sie zwei Männer sowie ihre meisten Freunde längst überlebt. Vor drei Jahren spielte sie in ihrem letzten Fernsehspielfilm mit. "Auch wenn ich von Geburt und im Herzen immer ein Einzelkind war, so suchte sie doch in gleichem Maße immer die Anerkennung und Zugehörigkeit in der Gemeinschaft." Als sie mit ihren Eltern noch in München lebte, kam sie 1934 zu den Jungmädels. Mit ihren blauen Augen und damals Engelsblondem Haar kam sie dort gut an. Richtig viele Judensterne habe sie erst in Berlin, zum ersten Mal bewusst gesehen. Damals war sie begeistert. Mitgerissen von der Aufbruchsstimmung des Dritten Reiches. Sie war ein Vorzeigekind ihrer Zeit. Heute blickt sie verständnislos in diese Epoche zurück und schimpft über die Nachkriegs-Generation. Sie hat zwar Kinder und Enkel, lebt jedoch alleine. Wenn sie abends etwas Gesellschaft wünscht, besucht sie eine kleines Restaurant unweit ihrer Wohnung in Hannover Vahrenwald. Was sie manchmal dort hört schmeckt ihr nicht. "Um Gotteswillen, was sind wir für ein Volk? Die Spießbürger am Thresen haben nichts gelernt. Wenn ich in meiner Kneipe bin, höre ich sie reden. « Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg » , so sagen diese dummen Kerls. Sie sehnen sich nach einem starken Mann... so wie Hitler. Wie konnten wir diesen Diktator damals nur nach oben jubeln? Ich habe vor kurzem den Film "Unsere Mütter unsere Väter" gesehen. Das hat mir sehr zu schaffen gemacht. Jeder sollte sich das anschauen, um zu sehen was passiert, wenn man nicht denkt und immer nur mitläuft. Die kommenden Generationen müssen wachsam sein!"